Jesus Christie´s

Oh Mann, lange habe ich mich nicht so schnell und lustlos durch einen Auktionskatalog geklickt wie durch den der aktuellen Christie´s Auktion “Rare watches” am 13. Mai in Genf. Soviele moderne Uhren und “Youngtimer” habe ich bis jetzt noch nie bewusst in einem einzigen Katalog wahrgenommen. Das Entreé mit den Heuer Uhren war ja noch vielversprechend, aber wirklich spannende Uhren nach meinem Geschmack finden sich kaum. Und über ein Lot kann ich wirklich nur den Kopf schütteln. Doch davon später mehr…

Hier meine Top 3 plus ein wirklicher Lacher/Kracher.

Lot 14 Vulcain Cricket Nautical


Lot 14 Vulcain Cricket
Schätzwert CHF 3,000-5.000 © Christie´s

Ja, glücklicher Weise gibt es sie immer – noch. Schöne und seltene Uhren, die trotz der stark gestiegenen Preise für Sammler ohne reiche Erbtante oder CEO Posten bei einem hippen internationalen Start Up immer noch bezahlbar sind. Die bunte Vulcain Cricket gehört zu dieser immer seltener werdenden Spezies. Die Uhr hat eine schöne Patina, nicht ganz unwichtig wenn man weiss, dass von diesem Modell eine Vielzahl von “Franken watches” im Umlauf sind. Auch wenn ich die Funktionsweise der Taucheruhr nicht genau erklären kann und will, ist sie mit ihrem  farbigen Zifferblatt besonders. Und wer genau wissen will, wie die Uhr funktioniert, findet ja vielleicht in den beiliegenden Papieren eine Antwort auf diese Frage…

Rolex Oyster Chronograph Ref. 3525


Lot 193 Rolex Ref. 3525
Schätzwert CHF 200.000-300.000 © Christie´s

Bitonale Uhren werden gemeinhin mit den 80´er Jahren des letzten Jahrhunderts in Verbindung gebracht und sind für viele Sammler -nun ja – speziell. Ich weiß das aus persönlicher Erfahrung, denn das bicolore Band meines Heuer Divers fristet ein Schattendasein in dem zum Ersatzteillager auserkorenen Schuhkarton. Noch bevor ich den Katalogtext gelesen hatte und von der Verbindung zu Andy Warhol wusste, war der Uhr bereits ein Platz auf meiner Shortlist sicher. Warum?

Nun neben der Provinienz besticht die Uhr, die aus dem Jahr 1943 stammt, durch ihr sehr stimmiges Gesamtbild. Denn das genietete zweifarbigen Oyster Armband und die goldene Krone und Lünette ergänzen die Uhr fantastisch. Eins ist sicher, dieses ausgefallene Oyster brachelet würde bei mir sicher nie im Schuhkarton enden.


PATEK PHILIPPE & CO., REF. 96


Lot 250 Patek Ref. 96
Schätzwert CHF 20.000-40.000 © Christie´s

Sector dials gehören für viele Sammler, mich eingeschlossen, zu den gefragtesten Zifferblättern. Warum? Schwer zu sagen, aber die Symetrie des Blattes und die farbigen Unterschiede der einzelnen Sektoren sind faszinierend. Da ist selbst der “kleine” Durchmesser von 31mm zweitrangig. Mich würde es nicht wundern, wenn die kleine Patek auf der Auktion “groß rauskommt”. Allerdings sehen die gebläuten Zeiger auf dem Photo merkwürdig glanzlos aus, was aber evtl. auch am Lichteinfall liegen könnte. Ein Beispiel das zeigt, wie wichtig es sein kann, eine Uhr vor der Auktion möglichst selber in der Hand zu halten.


LONGINES “SUIZA”, REF. 5546


Lot 188 Longines “Suiza”
Schätzwert CHF 2.000-4.000 © Christie´s

Und jetzt zum Lot, das mir und anderen Sammlern auf Instagram Kopfzerbrechen bereitet…

Vorab ein Geständnis: Ich liebe die frühen Uhren von Longines! Die Qualität der Uhrwerke ist fantastisch, die Gehäuse gehören zu den Besten überhaupt und die Zifferblätter sind oft wunderschön. Auch das abgestufte Gehäuse mit den integrierten Bandanstößen von Lot 188 ist großartig, das kupferfarbene Zifferblatt ist wunderschön. ABER es gehörte ursprünglich zu einer anderen Uhr. Zitat aus dem Katalogtext: “According to the Archives of Longines the present watch was sold in November 1945 to Seelich, the official Longines retailer in Bratislava at the time. Therefore, we can assume that the present watch featuring the Suiza signature, mainly made for the South American market, it was most probably born with a different dial.”

Sicherlich kein Drama, aber das eine slowakische Ausführung ein südamerikanisches Blatt trägt, ist mir dann doch etwas zu viel. Und der Schätzwert von 2.000 – 4.000 CHF scheint mir dafür deutlich zu hoch. Erstaunlich das ein Auktionshus wie Christie´s eine solche Uhr überhaupt mit aufnimmt. Es wird interessant sein zu sehen, ob die Sammler sich für die Uhr begeistern können. Mir persönlich wäre sie aufgrund des getauschten Blattes selbst am unteren Rand des Schätzwertes zu teuer.